Donnerstag, 17. Mai 2012

Gegen kalte Progression: Lohnerhöhungen gehören den Bürgern


ILLUSTRATION - Eine Hand legt eine 1-Euro-Münze auf eine Waage. Koalition setzt Signal für mehr Steuergerechtigkeit Foto: picture alliance / dpa
 
Bürgerinnen und Bürger sollen ihre Lohnerhöhungen zum Ausgleich der Preissteigerung behalten. Dennoch hatte der Bundesrat am 11. Mai dem Gesetzentwurf gegen die kalte Progression nicht zugestimmt. Die Bundesregierung ruft daher den Vermittlungsausschuss an.

Durch die kalte Progression bei der Einkommensteuer gehen den Steuerzahlern rund sechs Milliarden Euro pro Jahr verloren. Es ist daher eines der zentralen Anliegen der Bundesregierung, diese Ungerechtigkeit abzuschaffen. 

Denn die kalte Progression bringt dem Staat Mehreinnahmen, die vom Gesetzgeber letztlich so nicht gewollt sind. Es sind verdeckte Steuererhöhungen, ohne dass der Gesetzgeber tätig wird.
Die vorgesehene Erhöhung des Grundfreibetrages ist sogar verfassungsrechtlich zwingend. Die Bundesregierung hält das Vorhaben aus Gründen der Steuergerechtigkeit unverändert für geboten.

Vermittlungsverfahren

Der Bundestag hatte dem Gesetz bereits Ende März zugestimmt. Der Bundesrat verweigerte am 11. Mai 2012 seine Zustimmung.

Das Bundeskabinett hat daher beschlossen, die Anrufung des Vermittlungsausschusses von Bund und Ländern zu verlangen.

Stabilität und Steuergerechtigkeit

Mit ihrem Gesetzentwurf zum Abbau der kalten Progression setzt die Bundesregierung ein starkes Signal für Stabilität und mehr Steuergerechtigkeit. Sie setzt dagegen nicht auf derartige Mehreinnahmen, um aus der Staatsverschuldung herauszukommen.
  • Der Grundfreibetrag für das steuerfreie Existenzminimum wird  in zwei Stufen um zusammen 350 Euro erhöht: Zum 1. Januar 2013 auf 8.130 Euro und zum 1. Januar 2014 auf 8.354 Euro.
  • Der Einkommensteuertarif wird an die Preisentwicklung angepasst, um die Progressionswirkung abzubauen. Ebenfalls in zwei Schritten, mit insgesamt 4,4 Prozent.
Außerdem soll die Wirkung der kalten Progression ab 2014 regelmäßig alle zwei Jahre zu überprüft werden. Denn die Bundesregierung will der kalten Progression dauerhaft zu Leibe rücken.

Ehrlicher Weg zu mehr Steuergerechtigkeit

Das vereinbarte Modell stellt diesen Missstand ab:

Zum einen durch die Erhöhung des Steuergrundfreibetrags. Denn schon heute ist absehbar: Der jetzige Grundfreibetrag für das von der Steuer zu verschonende Existenzminimum wird in den nächsten zwei Jahren nicht mehr ausreichen. In diesem Fall muss der Gesetzgeber nach unserer Verfassung den Grundfreibetrag erhöhen. Das Existenzminimum richtet sich nach dem Mindestbedarf für den Lebensunterhalt im Sozialhilferecht.

Zweitens wird gleichzeitig die Steigung des Einkommensteuertarifs nach rechts verschoben. Damit wird vermieden, dass die steuerliche Durchschnittsbelastung steigt, wenn Lohnerhöhungen nur die Inflationsrate ausgleichen. 

Das ist ein wichtiger Schritt zu mehr Steuergerechtigkeit. Denn eine Lohnerhöhung zum Preisausgleich ist keine echte Einkommenserhöhung.

Unser Steuerprinzip besagt: Alle werden entsprechend ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zur Steuerzahlung herangezogen. Menschen, die nur über ein geringes Einkommen verfügen, müssen keine oder nur geringe Steuern zahlen. Diejenigen mit einem höheren Einkommen werden hingegen höher belastet. Das ist einerseits sozial und andererseits gerecht, denn wer mehr hat, ist auch eher in der Lage, mehr abzugeben.

Untere Einkommen prozentual begünstigt

Hohe Einkommen tragen wie bisher wesentlich stärker zum Steueraufkommen bei als untere Einkommensgruppen. Wer aufgrund seiner Einkommenshöhe mehr Steuern zahlen muss, ist durch die kalte Progression – in Euro-Beträgen gerechnet – auch stärker belastet. Im Verhältnis zur tatsächlichen Steuerhöhe ist die Entlastung der unteren Einkommensgruppen aber am größten. Von den Maßnahmen werden also auch Familien mit kleinen und mittleren Einkommen profitieren.

Entlastungsbeispiele:

Ein
alleinstehender Arbeitnehmer mit 30.000 Euro Jahresbruttolohn wird ab 2014 jährlich etwa 150 Euro weniger Steuern zahlen müssen als bisher. Seine Steuerbelastung sinkt um 3,4 Prozent. Er zahlt bisher 4.328 Euro Steuern.

Bei einem vergleichbaren Arbeitnehmer mit 60.000 Euro Jahresbruttolohn beträgt die Entlastung hingegen 2,5 Prozent. Er zahlt bisher 14.590 Euro Steuern.


Ein
verheirateter Arbeitnehmer mit zwei Kindern und 30.000 Euro Jahresbruttolohn wird ab 2014 jährlich 164 Euro weniger Steuern zahlen müssen als bisher. Seine Steuerbelastung sinkt um 10,6 Prozent. Er zahlt bisher 1.550 Euro Steuern.

Bei einem vergleichbaren Arbeitnehmer mit 60.000 Euro Jahresbruttolohn beträgt die Entlastung hingegen 3,3 Prozent. Er zahlt bisher 9.187 Euro Steuern.

Im Einklang mit der Schuldenbremse

Der Ausgleich der kalten Progression steht mit unserer Schuldenbremse in vollem Einklang. Die Bundesregierung setzt bewusst nicht auf solche Mehreinnahmen aus Lohnerhöhungen. Denn die Kaufkraft der Bürger soll erhalten bleiben. Das nützt letztlich allen.
Der erforderliche finanzielle Spielraum ist vorhanden. Den Ländern kommt der Bund zudem mit seiner Gesetzesinitiative weit entgegen: Als finanziellen Ausgleich erhalten sie einen Festbetrag, der dem Durchschnitt ihrer Steuerausfälle in den Jahren ab 2014 entspricht. So verzichtet der Bund 2013 auf knapp 0,4 Milliarden und ab 2014 auf 1,2 Milliarden Euro pro Jahr. Das hilft den Ländern beim Schuldenabbau.

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